Von und mit Studierenden der LMU München, in Kooperation mit der Romano-Guardini-Gastprofessur für Religionsphilosophie (LMU München)
In unserer modernen Lebenswelt ist vielen Menschen der unmittelbare Bezug zur Natur verloren gegangen. Und noch seltener sind wir dem ausgesetzt, was man Wildnis nennen könnte. Zwar lässt sich diese Entwicklung durchaus auch als Errungenschaft verstehen, die einen weitestgehend gesicherten und komfortablen Alltag erlaubt. Zugleich wird sie häufig als Entfremdung empfunden. Die Natur wird zum Sehnsuchtsort gestresster Großstadtmenschen, ein – zumindest zeitweiser – Ausstieg avanciert zum Traum der Zivilisationsmüden. Erfahrungen in (und mit) der Natur zu machen, verspricht nicht nur Erholung, sondern lockt auch mit der Verheißung, auf diesem Wege zu sich selbst kommen zu können.
Das eigentliche, das intensive Leben in der Wildnis zu suchen und zu finden, ist seit Henry David Thoreaus Walden auch Gegenstand literarischer Reflexion. Thoreaus Bericht über das „Leben in den Wäldern“ (so der Untertitel des Buches), genauer: in einer selbstgebauten Hütte am Waldensee, steht exemplarisch für die Tradition des Nature Writing. In ihr spiegelt sich das Ringen um eine andere Beziehung zur Natur, die heute aktueller denn je ist. Das Anliegen von Nature Writing ist es, mittels genauer und einfühlender Beschreibungen Achtsamkeit und Resonanzfähigkeit zu kultivieren und das „Sichtbare sichtbar“ (J. Goldstein) zu machen. Damit will es gerade keine Trostliteratur sein, die eine unberührte Natur imaginiert. Vielmehr rückt mit ihr das eigene Wahrnehmen und Erleben ins Zentrum, inklusive der eigenen, womöglich romantisierenden Vorstellungen von Natur.
Was nun könnte es heißen, sich in einer Welt, in der es eigentlich keine unberührte Natur mehr gibt, auf die Suche nach Wildnis zu begeben? Auf welche Weisen lässt sich unsere Aufmerksamkeit schulen? Welche Sprache finden wir für unsere Erfahrungen mit der Natur? Und was sagt das über uns selbst aus? Die Auseinandersetzung mit diesen und ähnlichen Fragen ist zu wichtig, um sie im Seminarraum zu belassen. Studierende der LMU München öffnen einen reflexiven Experimentierraum auf den Spuren des Nature Writing, der durch philosophische Impulse und Interventionen zum gemeinsamen Nachdenken einladen soll. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich!
Dr. Ana Honnacker ist Romano-Guardini-Gastprofessorin für Religionsphilosophie an der LMU München sowie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Philosophie München. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich schwerpunktmäßig mit den Herausforderungen moderner Gesellschaften: Wie können wir populistischen und fundamentalistischen Bewegungen begegnen? Wie gelingt gesellschaftliche Transformation, nicht zuletzt mit Blick auf die Klimakrise? Philosophie versteht sie dabei nicht nur als Medium der kritischen Reflexion, sondern zugleich der praktischen Orientierung. In ihren Vorträgen, Workshops oder auch philosophischen Cafés lädt sie daher zum Mit-Philosophieren ein.
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